Mobility M&A: Wie sich die Transaktionslandschaft verändert

München, Juli 2023

Mobility M&A: Wie sich die Transaktionslandschaft verändert

München, Juli 2023
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ie Multikrisen der vergangenen Jahre – Pandemie, Unterbrechungen der Lieferketten, Krieg, Energiekrise und Inflation sind nicht spurlos an der Mobilitätsindustrie vorbeigegangen.

Sie zeigen ihre Auswirkungen auf die „M&A“-Landschaft und machen damit neue Lösungsansätze für erfolgreiches M&A (Mergers & Acquisitions) in der Mobilitätsindustrie notwendig.

Derzeit manifestieren sich die folgenden drei Trends im „M&A“-Bereich:

Die Veränderung der Transaktionsaktivität ist stark abhängig von der Profitabilität des Zielunternehmens

Quelle: Berylls Equity Partners (2023)

  1. Die krisenbedingt steigenden Inputkosten drücken weiter auf die Ertragskraft. Die durchschnittliche Marge von Zulieferern ist zwischen 2017 und 2022 von 8,3 auf 5,7 Prozent gefallen. Gegenmaßnahmen sind selten ausreichend; der Kern der Branche erodiert. Sinkende Profitabilität, steigende Kapitalkosten und fallende Bewertungsmultiplikatoren verschieben das Marktgleichgewicht in Richtung niedrigerer Bewertungen und geringerer Transaktionsaktivität.

     

  2. Die Anzahl der für den Großteil der Private Equity Investoren (Buy-outs und Wachstumskapital) relevanten Zielunternehmen, überdurchschnittlich profitable Unternehmen mit signifikanten Alleinstellungsmerkmalen, hat sich erheblich reduziert. Branchenspezifische Investitionsrisiken belasten die Risikoprämie. Unter Berücksichtigung der Fremdkapitalquote ist das Investitionsrisiko in europäische Mobilitätsunternehmen ca. 20 Prozent höher als im industrieübergreifenden Durchschnitt.¹

     

    Zudem hat das gestiegene Zinsniveau die Fremdfinanzierung verteuert und macht Leverage-basierte Investitionsmodelle aufgrund branchenspezifisch höherer risikobereinigter Renditeerwartungen de-facto unrentabel.

     

  3. Der Großteil der Transaktionen in der Mobilitätsbranche verlagert sich an den unterdurchschnittlich profitablen und insolvenznahen Rand des Spektrums. Trotz hoher Integrationsrisiken zeigen strategische Investoren Interesse an diesen Transaktionen. Zusätzlich versuchen viele Finanzinvestoren aus scheinbar günstigen Übernahmen Kapital zu schlagen. Der erhöhte Wettbewerb kompensiert das gestiegene Angebot jedoch nicht vollständig und es verbleibt ein Angebotsüberhang. Zusätzlich sind Verkäufererwartungen – auf Basis von Assetbewertungen oder von historischen Profitabilitätserwartungen – noch nicht an die neue Realität angepasst und verhindern potenziell beidseitig vorteilhafte Transaktionen. Die Liquidationsquote von insolventen Unternehmen mit mehr als 20 Millionen Euro Umsatz lag 2022 bei 38 Prozent, verglichen mit 27 Prozent im Durchschnitt des vorausgegangenen Jahrzehnts.²

Mit den veränderten Rahmenbedingungen von M&A in der Mobilitätsindustrie muss sich auch die Art und Weise der Steuerung von Transaktionsprozessen anpassen. Verkäufer (-berater) müssen proaktiv Übernahmekonzepte entwickeln und initiativ umsetzen. Wie können kurzfristige Liquidität und mittel- bis langfristig positive Cashflows in einem nachhaltigen Finanzierungskonzept sichergestellt werden? Welche operativen Restrukturierungsmaßnahmen müssen umgesetzt werden, um das Unternehmen wieder profitabel aufzustellen? Wie sieht die strategische Vision aus, um nachhaltig profitables Wachstum zu sichern?

An beiden Enden des Transaktionsspektrums bieten sich neue Chancen

Quelle: Berylls Equity Partners (2023)

Zusätzlich erfordert der aktuelle Angebotsüberhang zunehmende Kompromissbereitschaft von Verkäufern – sowohl im Hinblick auf die Kaufpreishöhe als auch auf die Strukturierung der Finanzierung. Vor dem Hintergrund der branchenspezifischen Risikofaktoren und erhöhter Finanzierungskosten werden erfolgsbasierte Kaufpreiskomponenten (z. B. Earn-out) oder nachgelagerte Kaufpreiszahlungen (z.B. Verkäuferdarlehen) zunehmend relevanter.

  1. Auch Käufer müssen sich der neuen Realität anpassen. Wo früher noch ein „One-size-fits-all“- Ansatz für alle Transaktionen am linken Ende des Spektrums ausgereicht hat, sind heute differenzierte Lösungskonzepte notwendig. Zunehmend fordern alle Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, etc.) eine nachhaltige, auf das Unternehmen zugeschnittene Lösung.

    Gleichlaufend mit der Vervielfachung der potenziellen Krisenursachen in den vergangenen Jahren müssen Investoren inzwischen über vielseitige Kompetenzen für erfolgreiche Übernahmen verfügen: Strategie, Restrukturierung und Turnaround, Finanzierung, Branchenexpertise und -netzwerk, etc.

  2. Auf der anderen Seite des Spektrums bieten Investitionen in Start-ups die Chance, vom Mobility-Start-up-Boom des vergangenen Jahrzehnts zu profitieren. Einige der Unternehmen haben ihre Zukunftsfähigkeit und Marktreife bereits unter Beweis gestellt. Damit finden sie inzwischen auch außerhalb der Venture-Capital-Branche Investoren. Sie bieten attraktive Wachstums- und Innovationsaussichten, insbesondere im Vergleich zu klassischen Mobilitätsunternehmen. Während BMW beispielsweise mit der Investition in das Elektromotoren-Start-up DeepDrive die Innovation in einem bestehenden Technologiefeld beschleunigen will, erschließt Continental mit der Beteiligung an dem digitalen Werbe-Start-up 4.screen ein völlig neues Geschäftsmodell.

Die neue „M&A“-Landschaft der Mobilitätsindustrie birgt großes Wertschöpfungspotenzial für alle Marktteilnehmer – marktführende Branchenkenntnisse und Expertise über das gesamte Transaktionsspektrum vorausgesetzt.

¹ NYU Stern School of Business (2023)
² FalkenSteg Corporate Finance (2023)

Autoren
Andreas Rauh

Executive Partner

Johannes Auch

Investment Analyst

Andreas Rauh

Andreas ist seit Januar 2020 als Mitgründer und Geschäftsführer bei Berylls Equity Partners tätig. Berylls Equity Partners investiert, als Beteiligungsgesellschaft der Berylls Gruppe, in Unternehmen der Mobilitätsindustrie, die sich in Sondersituationen befinden.

Andreas ist Experte in den Bereichen Private Equity, Mergers & Acquisitions und Unternehmensführung.

Nach zehn Jahren im Bereich Transaktionsberatung mit Schwerpunkt im Mittelstand wechselte Andreas im Jahr 2014 in den Beteiligungsbereich. Dort hat er seitdem in leitender Funktion eine zweistellige Anzahl an Firmenübernahmen und -verkäufen begleitet.

Andreas ist ausgebildeter Diplomkaufmann mit einem Abschluss von der Universität Trier und hält einen Master of Science in Business Abschluss der Handelshøyskolen BI.